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Burnout?

Folgende Fragen werden hier beantwortet:

 

  • Was genau ist Burnout?

  • Wie entsteht Burnout?

  • Was kann ich gegen Burnout tun?

  • Bin ich Burnout gefährdet? Ein kurzer Test

 

 

Für alle, die mehr wissen möchten…

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  • 16 konkrete Maßnahmen gegen Burnout

  • Ist Burnout eine Kompetenz? – Eine andere Sichtweise…

  • Der Zusammenhang von Burnout, Depression und Angst

  • Die Muster erkennen: Burnout und das Selbstwertproblem

  • Soll ich mich wegen Burnout krankschreiben lassen oder lieber einen anderen Grund nennen?

  • Was ist nach dem Burnout? Wie geht es dann weiter?

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Ein Hinweis vorab: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

                                                             

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Was genau ist Burnout?

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Der Begriff „Burnout“ kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „ausbrennen“. Nach Maslach und Jackson (1984) ist Burnout ein Syndrom aus emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung (dh ein Gefühl der Entfremdung gegenüber dem eigenen Ich, als auch ein Gefühl der Entfremdung gegenüber anderen Menschen) und reduzierter Leistungsfähigkeit.

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Die Symptome von Burnout ähneln jenen der Depression zB Antriebslosigkeit, Energieverlust, Verlust von Interesse und Freude, Hoffnungslosigkeit, Gefühl der Sinnlosigkeit, Schlafstörungen, etc. Jedoch ist eine Unterscheidung von Burnout und Depression sinnvoll und wichtig.

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Wie entsteht Burnout?

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Grundsätzlich kann man sagen, dass die Ursache von Burnout  ein Zusammenspiel von äußeren und inneren Faktoren ist (dh ungünstige Arbeitsbedingungen und spezielle Personenfaktoren).

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Personenfaktoren, die Burnout u.a. begünstigen können: überhöhte Ansprüche an sich selbst; Menschen, die zu Perfektionismus neigen; einseitige Aufmerksamkeitsverlagerung auf negative Ereignisse; innere Instanzen, die einen ständig antreiben (innere Antreiber zB „Reiß dich doch zusammen“, uä); Menschen mit Tendenz zu grübeln und sich Sorgen zu machen; Menschen, die dazu neigen, es allen recht machen zu wollen; Menschen, die sich schwer tun „Nein“ zu sagen; Menschen, die zu Generalisierungen neigen (zB „Alles geht bei mir immer schief“, oä); Menschen, die sich oft subjektiv als hilflos erleben; Menschen, die tendenziell pessimistisch sind und Negatives erwarten, etc.

 

Ungünstige Arbeitsbedingungen sind ua überhöhte oder unrealistische Zielvorgaben; mangelnde Transparenz im Unternehmen; mangelnde Partizipationsmöglichkeiten an Entscheidungsprozessen; mangelnde Aufstiegschancen; Entscheidungen, die als unfair empfunden werden; unklare Arbeitsaufträge; Rollenkonflikte; fehlende Anerkennung; kaum Gestaltungsspielraum; zu wenig Ressourcen, um den Anforderungen gerecht zu werden; ständige Umstrukturierungen; Personalabbau; Arbeitsplatzunsicherheit; Überhandnehmen von bürokratischen Tätigkeiten; konfliktbeladene zwischenmenschliche Beziehungen zwischen Kollegen, Klienten, Kunden, Vorgesetzten, etc.

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Was kann ich gegen Burnout tun?

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Je früher Sie sich Hilfe holen, umso besser sind die Behandlungschancen. Durch eine frühzeitige Erkennung und Behandlung können auch mögliche Folgestörungen wie zB Angststörungen, Alkoholmissbrauch oder Schlafmittelmissbrauch u.ä. verhindert werden.

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In einer Psychotherapie können die Ursachen für Burnout ergründet und besser verstanden werden. Oft führen die - Zeit unseres Lebens - gemachten Erfahrungen zu inneren Konflikten/Spannungen und zu schädlichen Mustern in unserem Denken und unserem Verhalten. In der gemeinsamen psychotherapeutischen Arbeit können diese Muster aufgedeckt, verstanden, emotional durchlebt und somit aufgearbeitet werden. Schritt für Schritt wird dadurch Veränderung in ihrem inneren Erleben und ihrem äußeren Leben wieder möglich, wobei auch gleichzeitig die Symptome des Burnouts milder werden. Dadurch kann ein neues Lebensgefühl entstehen und ein Weg raus aus dem Burnout. Die Länge einer Therapie ist individuell verschieden und natürlich auch abhängig vom Schweregrad des Burnouts. Erste Symptommilderungen finden jedoch oft schon nach wenigen Therapiestunden statt.

 

 

Bin ich Burnout gefährdet? Ein kurzer Test

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Beantworten Sie nachstehenden Fragen möglichst spontan ohne lange zu überlegen. Die Antworten können lauten Ja, eher Ja, Nein und eher Nein. Je mehr Antworten Ja oder eher Ja lauten, desto Burnout gefährdeter sind Sie:

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1)    Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen alles zu viel wird?

2)    Sind Sie im Vergleich zu früher reizbarer?

3)    Ist Ihnen die Freude an Ihrer Arbeit verloren gegangen?

4)    Fühlen Sie sich oft niedergeschlagen?

5)    Fühlen Sie sich oft erschöpft?

6)    Häufen sich in der letzten Zeit körperliche Symptome bei Ihnen?

7)    Ziehen Sie sich vermehrt zurück – zB aus Ihrem Freundeskreis?

8)    Trinken Sie in letzter Zeit vermehrt Alkohol, um Stress abzubauen?

9)    Haben Sie die Hoffnung verloren, dass Sie etwas ändern können?

10)  Haben Sie aufgehört neue Pläne zu haben?

11)  Haben Sie Einschlaf.- und/oder Durchschlafstörungen?

12)  Haben Sie das Gefühl, zu wenig Zeit für Ihre Partnerschaft/Familie zu haben?

13)  Haben Sie Ihr Handy immer an, damit Sie immer erreichbar sind?

14)  Fühlen Sie sich innerlich leer?

15)  Haben Sie das Gefühl, alles ist sinnlos?

16)  Haben Sie vermehrt Ängste, die Sie früher nicht hatten?

17)  Haben Sie das Gefühl ständig unter Spannung oder Druck zu stehen?

18)  Haben Sie das Gefühl, mit Ihren Problemen allein zu sein? Fehlender Rückhalt vom Partner, Freunden, Kollegen, etc.?

19)  Haben Sie das Gefühl, Pausen sind für Sie verschwendete Zeit?

20)  Nehmen Sie Schlaf- oder Beruhigungsmittel?

 

Je öfter Sie mit Ja oder eher Ja geantwortet haben, desto Burnout gefährdeter sind Sie. Je früher und mutiger Sie sich das eingestehen können, umso eher können Sie beginnen, etwas zu verändern und Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

 

Für alle, die mehr wissen möchten…

 

 16 konkrete Maßnahmen gegen Burnout

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In meiner wissenschaftlichen Arbeit an der Universität habe ich mich genau dieser Frage gewidmet (Titel dieser Arbeit: „Die Relevanz der emotionalen Intelligenz für die individuelle Burnoutprävention/Intervention“). Und gleich vorweg, hier gibt es eine gute und eine weniger gute Nachricht: Die gute Nachricht ist, dass es Mittel und Wege gibt Burnout zu verhindern oder zu überwinden. Die weniger gute Nachricht: es gibt keine „schnellen“ Tipps, im Sinne einer schnellen Lösung – nach dem Motto: „Die setze ich jetzt mal schnell alle um und dann ist alles wieder gut….“. Meist benötigt Veränderung eben auch Zeit und Geduld (nicht zuletzt mit sich selbst!)….

 

Folgende Maßnahmen/Faktoren können Burnout verhindern oder bestehende Burnoutsymptome mildern (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

 

1)    Der Schlüssel zu Burnoutprävention bzw. Burnoutbehandlung ist die Steigerung der Selbstachtung und der Selbstwahrnehmung

Achten Sie auf Ihre Gefühle und Signale Ihres Körpers. Wenn Sie spüren, wie weit Sie gehen können und wann Sie sich übernehmen, dann ist das eine Stärke und keine Schwäche. Gestehen Sie sich Stress, Überforderung und Erschöpfung auch ein und leugnen Sie das nicht. Alles hat seine Grenzen, auch Ihr Körper. Psychotherapie kann Ihnen helfen, Selbstachtung und Selbstwahrnehmung zu lernen.

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2)    Holen Sie sich Unterstützung und vermeiden Sie Isolation

Sie müssen nicht alles alleine schaffen – im Gegenteil! Es ist ein Zeichen von Stärke und Intelligenz, wenn Sie sich Hilfe holen. Allein nur über den Stress zu sprechen zB mit Freunden, Familie oder in der Psychotherapie, stellt eine indirekt-aktive Bewältigungsstrategie gegen Burnout dar und ist somit eine Möglichkeit zur Verarbeitung von Belastungen. Soziale Unterstützung ist sehr wichtig zur Burnoutverarbeitung oder Verhinderung. Suchen Sie Kontakt zur Familie und zu Freunden, sozialen Gruppen, Selbsthilfegruppen, etc.

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3)    Erkennen Sie Ihre „inneren Antreiber“

Innere Antreiber sind Überzeugungen oder innere Anteile, die Sie immer wieder zu neuen Handlungen zwingen, obwohl Sie eigentlich Ruhe oder Erholung bräuchten. Innere Stimmen wie „Stell dich doch nicht so an!“ oder „Ich muss alles alleine schaffen!“ oder „Ich muss alles perfekt machen!“, „Ich muss es allen recht machen!“, „Ich darf nicht Nein sagen!“, etc. können sehr belastend sein.

Der erste Schritt hier ist, die Muster zu erkennen, um sich dann ein Stück weit davon zu lösen – das benötigt aber Zeit und Geduld mit sich selbst!

 

4)    Lernen Sie „Nein“ zu sagen

Man kann Schritt für Schritt lernen, „Nein“ zu sagen zu den inneren Antreibern, zu überhöhten Selbstansprüchen, aber auch zu Situationen (zB den Schreibtisch verlassen, obwohl nicht alles erledigt ist; abends keine Mails mehr lesen; im Urlaub nicht mit der Arbeit telefonieren, etc.). Auch gegenüber Kollegen ist „Nein“ zu erlernen zB „Ich erledige das gerne morgen für dich, jetzt habe ich Feierabend!“ oder  „Wenn ich das neue Projekt übernehmen soll, dann möchte ich dafür eine Aufgabe abgeben.“, etc.

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5)    Ändern Sie die Blickrichtung und stellen Sie die richtigen Fragen

In der Regel hat man einen guten Grund, sich selbst auszubeuten oder sich selbst anzutreiben. Aber was ist denn der Grund bzw. der Gewinn daraus? Was ist Ihr Krankheitsgewinn? (ein sehr gängiger Krankheitsgewinn ist zB Aufmerksamkeit). Wozu brauchen Sie das (noch)? Was bringt Ihnen das (noch)? Möglicherweise fühlen Sie sich durch ständiges Tun aufgewertet, wichtig und unersetzbar? Vielleicht möchten Sie unbequeme Wahrheiten oder Konflikte dadurch vermeiden? (zB Konflikte in der Partnerschaft, etc.)

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Erst nach einer ehrlichen Selbstbefragung und einer Anerkennung und Akzeptanz der Antworten (und des Krankheitsgewinns) ist eine für Sie passende Work-Life-Balance realistisch erreichbar. Eine Therapie oder Coaching kann dabei helfen, Antworten auf diese Fragen zu bekommen.

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6)    Fragen Sie sich immer: Was bringt und was kostet mich das?

Wenn die Arbeit, Kollegen, Ihre Beziehung oder eine Situation Sie fertig machen, können Sie sich immer fragen: „Was bringt mir das und was kostet mich das?“. Wenn es Sie mehr kostet als es bringt und wenn es möglich ist, dann versuchen Sie die Umstände zu ändern oder gehen Sie, falls nötig.

 

7)    Erkennen Sie an, dass Sie nicht alles schaffen können

Erkennen Sie an, dass Sie nicht alles (allein) schaffen können und akzeptieren Sie somit auch Ihre Begrenztheit – auch die Grenzen Ihres Körpers.

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8)    Achten Sie auf Ihren Köper

Ernähren Sie sich nach Möglichkeit ausgewogen und gesund, quälen Sie sich nicht mit Diäten oder sonstigem, geben Sie Ihrem Schlafbedürfnis und Ihrem Ruhebedürfnis nach und halten Sie Ihre Arzttermine ein. Treiben Sie Sport bzw. achten Sie auf ausreichend Bewegung. Vermeiden Sie nach Möglichkeit Alkohol und Beruhigungsmittel zur Stressbewältigung.

 

9)    Wenn Sie erkennen, dass Sie zu viel tun, vermindern Sie bewusst Ihren Einsatz

Wenn es Situationen gibt, in denen Sie sich überengagieren und selbst unter Druck setzen, versuchen Sie Bereiche oder Aspekte herauszugreifen und Schritt für Schritt auf eine Erleichterung des Drucks hinzuarbeiten.

 

10)  Lernen Sie abzuschalten – Wie geht das?

Manchmal ist der erste Schritt das Akzeptieren der unangenehmen Wahrheit, dass sich viele Belastungsfaktoren unseres Alltags nur begrenzt kontrollieren und beeinflussen lassen. Dringend notwendig wäre somit als Gegenteil zur hektischen Aktivität: Toleranz für Passivität und sogar Langeweile – erst dann wird laut neueren Erkenntnissen der Neurowissenschaft wieder Kreativität möglich. Aber Achtung: oft ist es verblüffend schwer, auch nur kurze Phasen dieser Ruhe passiv auszuhalten, ohne sich sofort wieder in die nächste Aktivität zu stürzen. Es ist somit ein Lernprozess und benötigt Wiederholung und Übung.

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11)  Achten Sie auf Ihre Selbstfürsorge

Wenn Sie dazu neigen, anderen aus Gewohnheit heraus Arbeit oder deren Probleme abzunehmen, erkennen Sie das zuerst. Danach ändern Sie das Schritt für Schritt. Versuchen Sie für sich selbst fürsorglicher zu werden und auch, dass Sie selbst fürsorglich behandelt werden. Sie haben ein Recht darauf!

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12)  Lernen Sie, Arbeit abzugeben

Es ist wichtig zu lernen, Arbeit nach Möglichkeit aufzuteilen und zu delegieren. Nicht nur in der Arbeit, sondern auch zu Hause, in der Familie, im Freundeskreis, etc. Hier kürzer zu treten ist für Sie und die anderen wichtig: denn je mehr Sie mit Ihren begrenzten Ressourcen umsichtig haushalten, umso mehr können Sie im Gegenzug auch wieder für andere da sein.

 

13)  Legen Sie Zeitdieben das Handwerk und führen Sie ein Zeittagebuch

Fragen Sie sich immer: Was ist mir wichtig? Und was ist nur dringend (aber vielleicht nicht wichtig)? Und was ist unwichtig und ev. auch nicht dringend? Was ist mein Ziel? Und was bringt mich meinem Ziel näher. Ein Zeittagebuch kann helfen, einen Überblick zu bekommen, was Sie so tun, worauf Sie wieviel Zeit verwenden – Was von Ihren Tätigkeiten hat Ihnen Freude gemacht und was war anstrengend oder nervig? Was davon war wirklich wichtig? Ein Zeittagebuch kann überraschende Einsichten zu Tage bringen!

 

14)  Finden Sie Ihren Rhythmus und Ihr persönliches Tempo

Jeder verfügt über einen unterschiedlichen Rhythmus und ein unterschiedliches Tempo.  Ihre Energieressourcen sind begrenzt und darum haushalten Sie damit in Ihrem Rhythmus. Fragen Sie sich vermehrt: Was will ich in meinem Leben? Und was nicht? Und wann? Was brauche ich? Und was nicht? Was ist verzichtbar? Und was nicht? Antworten darauf werden Ihnen helfen, verstärkt ein Leben zu führen, das in ihrem persönlichen Gleichgewicht ist.

 

15)  Finden Sie für sich sinnstiftende Tätigkeiten

Der Beruf kann, muss aber nicht sinnstiftend sein. Finden Sie andere Bereiche die Ihnen Sinn geben können: Ihre Beziehung, Ihre Familie, soziales Engagement, Hobbies, etc.

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16)  Humor hilft!

Humor wird sehr oft als Hilfsmittel in der Burnoutliteratur genannt.  Es ist selbstverständlich wichtig, seinen Beruf ernst zu nehmen, jedoch ist es ebenso wichtig, seinen Sinn für Humor zu behalten. Humor hilft, mit Überdruss besser zurecht zu kommen, wenn man sich selbst nicht immer so ernst nimmt, auch mal über seine Schwächen lachen kann und auch die komischen Seiten sieht, die manche Situationen auch haben können.

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Die oben genannten Maßnahmen stellen konkrete Handlungsmöglichkeiten für Sie persönlich dar – was nicht bedeutet, dass auch Arbeitgeber und Unternehmen eine Verantwortung haben, sich dem Thema „Umgang und Vermeidung von Stress und Burnout“ zu stellen.

 

Selbstverständlich sind auch die Arbeitgeber und Unternehmen gefordert, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wichtig im Sinne der Prävention von Burnout sind u.a ein wertschätzendes Arbeitsklima, eine gute Konfliktkultur, flexible Arbeitszeitmodelle, Workshops zu Stressbewältigung, Gesundheitscheckangebote und Informationen zu Frühwarnsignalen – um nur einiges zu nennen.

 

Ist Burnout eine Kompetenz? – Eine andere Sichtweise…

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Burnout ist eine Kompetenz - das ist ein wichtiger Perspektivenwechsel! In der Regel verbinden Menschen Burnout mit Schwäche, Versagen, Energiemangel, Kontrollverlust und Kapitulation. Wer jedoch nur den Fokus auf die negativen Symptome des Burnouts legt, erlebt diese klarerweise nur als Schwäche und Inkompetenz und will diese so schnell wie möglich weghaben. So bleibt das problemverursachende Muster jedoch bestehen! Es ist somit für den Heilungsprozess sinnvoller und hilfreicher, die Symptome zu übersetzen in Botschaften über wichtige Bedürfnisse, die lange missachtet oder nicht erfüllt wurden.

 

Das Gehirn hat einen natürlichen Rückkoppelungsmechanismus, der auf chronische Überlastung mit Stopp-Signalen reagiert, und darauf zu achten ist eine Kompetenz und eine Ressource.

 

Man muss sich leider auch eingestehen, dass man nicht alles beherrschen oder kontrollieren kann: der Köper ist nun mal keine Maschine, mit der man alles machen kann und die Psyche des Menschen ist auch nur bedingt kontrollierbar. Eine Klinikaufenthalt oder eine Psychotherapie darf nicht mit einem Aufenthalt in einer Reparaturwerkstatt verwechselt werden – nach dem Motto: da werde ich wieder fit gemacht und kann dann wieder weitermachen. Sich einzugestehen, dass Burnout kein kleiner Schwächeanfall ist, sondern möglicherweise ein ganzes Lebenskonzept infrage stellt, kann ein schmerzhafter Lern- und Heilungsprozess sein.

 

Der Zusammenhang von Burnout, Depression und Angst

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Da die Symptome eines Burnouts jenen der Depression recht ähnlich sind, werden die Begriffe „Burnout“ und „Depression“ manchmal als gleichwertig verstanden, was jedoch falsch ist. Burnout ist keine Diagnose im Sinne des ICD10 (ein internationales Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen) – die Depression jedoch schon.

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Die Unterscheidung zwischen diesen zwei Begriffen hat, abseits vom diagnostischen Aspekt eine wesentlich wichtigere Bedeutung für die jeweils Betroffenen: Denn manche, die an Burnout erkrankt sind, empfinden es als vernichtend, abwertend und auch stigmatisierend, wenn sie eine psychiatrische Diagnose bekommen und als depressiv bezeichnet werden. Sie sehen sich dann überhaupt nicht gewürdigt in ihrer Kompetenz und ihrem überdurchschnittlichen Einsatz, den sie vor dem Zusammenbruch gezeigt haben. Sie halten sich dann für verkorkst und krank, was den Heilungsprozess nicht gerade fördert.

 

Dennoch werden in den Medien die Begriffe Burnout, Erschöpfung, Überforderung, Belastung, Depression oft in einem genannt. Interessanterweise wird jedoch seltener über die Vorstufe der Erschöpfung gesprochen: nämlich die Angst.

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Angst kennt jeder von uns und ist vermutlich in jedem Leben ein zentraler Bestandteil. Angst richtet sich in der Regel immer auf die Zukunft. In der Fachwelt geht man davon aus, dass jeder Mensch seine persönliche Angstbiographie hat: Wir haben einfach gelernt, in bestimmten Situationen Angst zu haben.

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Weit verbreitete Ängste im Arbeitsalltag sind:

 

Existenzängste: das ist zB die Angst, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, Angst vor Krankheiten, Angst vor Unfällen, oder bei älteren Menschen die Angst, überflüssig zu werden.

 

Soziale Ängste: diese Ängste betreffen den zwischenmenschlichen Bereich: Angst vor Konkurrenz, vor Mobbing, Angst von zB Informationen oder Entscheidungen ausgeschlossen zu werden, Angst vor Einengung des Handlungsspielraums, etc.

 

Leistungs- und Versagensängste: Angst vor Überforderung, Angst vor Innovation, Angst vor Fehlern, Angst vor Zeitdruck und neuen Technologien.

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Wenn man als Arbeitnehmer jahrelang Ängste hat und etwa gleichzeitig zu wenig Anerkennung bekommt, führt das in der Regel zu Burnout.

 

Die Muster erkennen: Burnout und das Selbstwertproblem

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Menschen die leichter als andere in eine Burnoutkrise rutschen, zeichnen sich oft durch Ihre Bemühungen aus, es allen recht machen zu wollen. Manchmal steckt hinter dem maßlosen Engagement ein Selbstwertproblem. Haben die Betroffenen das Gefühl, „alles richtig“ gemacht zu haben, dann fühlen sie sich gut. Schaffen sie das aber nicht (was oft der Fall sein wird), fühlen sie sich schlecht oder gar schuldig und bemühen sich noch mehr. Ein Teufelskreis aus Anpassung, Leistung und Selbstverleugnung kommt in Schwung, der zur völligen Erschöpfung führen kann.

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Ein wichtiger Schritt raus aus diesem Teufelskreis ist vorab, die inneren Antreiber zu erkennen: Innere Antreiber sind Überzeugungen oder innere Anteile, die Sie immer wieder zu neuen Handlungen zwingen, obwohl Sie eigentlich Ruhe oder Erholung bräuchten. Innere Stimmen wie „Stell dich doch nicht so an!“ oder „Ich muss alles alleine schaffen!“ oder „Ich muss alles perfekt machen!“, „Ich muss es allen recht machen!“, „Ich darf nicht Nein sagen!“, etc. können sehr belastend sein.

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Diese Muster werden in der Kindheit erlernt, was den Betroffenen oft nicht ganz klar ist. Oft ist es nämlich so, dass es im Elternhaus eine untrennbare Verknüpfung von Zuneigung und Leistung gab, wobei die Ausformungen ganz unterschiedlich sein können. Manche Kinder machen die Erfahrung, dass es nur gut läuft, wenn sie sich um alles kümmern, wobei diese dann sich im Erwachsenenalter im Helfen erschöpfen. Andere haben zB gelernt, dass nur Spitzenergebnisse etwas zählen und erschöpfen sich dann als Erwachsene darin, alles perfekt machen zu müssen. Andere haben wieder die Erfahrung gemacht, es allen recht machen zu müssen und zerreiben sich dann zwischen Beruf und Familie.

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In der Therapie gilt es herauszufinden, ob zB mangelnde Abgrenzungsfähigkeit der kritische Punkt ist oder starke Selbstabwertung den Selbstwert schwächen o.ä. Dann kann man gezielt daran arbeiten, dies zu verändern, wobei man immer mit Rückschlägen rechnen sollte, denn Gewohnheiten lassen sich nicht so leicht ändern.

 

Psychotherapie kann Ihnen dabei helfen, Ihre inneren Antreiber und Muster zu erkennen, um sich dann Schritt für Schritt davon zu lösen.

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Soll ich mich wegen Burnout krankschreiben lassen oder lieber einen anderen Grund nennen?

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Verständlich ist, dass es manchen Betroffenen leichter fällt, sich wegen einem Rückenleiden 2 Monate krankschreiben zu lassen, als wegen einer psychischen Erkrankung. Aus 3 Gründen ist dies jedoch aus meiner Sicht nicht ganz ratsam:

 

Der erste Grund ist eher allgemeiner Natur – nämlich, dass sich dadurch die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen verfestigt.

 

Der zweite Grund ist, dass eine Notlüge zwar einfacher erscheinen mag, jedoch nichts daran ändert, dass die Gerüchteküche ohnehin wahrscheinlich brodeln wird. Bei längeren Ausfallzeiten kann man in der Regel davon ausgehen, dass angenommen wird, dass eine psychische Erkrankung der wahre Grund ist.

 

Der dritte und meiner Meinung nach der wichtigste Grund, bei der Wahrheit zu bleiben ist, dass dadurch ein Rückfall für Sie unwahrscheinlicher wird. Warum? Wenn nämlich Ihr Umfeld weiß, dass Sie eine Krise hatten, dann kann es sich auch darauf einstellen und Sie auch. Sie können dann leichter verhandeln und sich für sich einsetzen und zB sagen: „Im Moment fällt es mir noch schwer im direkten Kundenkontakt zu sein. Daher wäre es besser, die nächsten 8 Wochen nicht am Frontdesk eingesetzt zu werden.“ Bzw. kann man dann auch leichter angepasste Arbeitszeitmodelle zu entwickeln zB im ersten Monat nur 4 Stunden pro Tag, im zweiten Monat 6 Stunden pro Tag, usw.

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Wichtig ist, dass Jobrückkehrer sich nicht gleich wieder voll in die Arbeit stürzen aber sich auch nicht einer zu großen Schonhaltung des Umfelds gegenübersehen. Es braucht eine gute Balance von Verständnis und Anforderung und das bedarf eines Prozesses. Für diesen Prozess der schrittweisen Anpassung müssen beide Seiten im Gespräch sein. Was geht schon? Was geht (noch) nicht? Welche Unterstützung ist notwendig? Wieviel Belastung ist gut? etc. Es bedarf somit einer gut durchdachten Rückfallprophylaxe.

 

Arbeit kann sehr oft der Grund für Überlastung sein und auch krank machen. Gleichzeitig bietet Arbeit jedoch auch Stabilität, Struktur und Identität (im besten Fall auch Sinn). Arbeit ist somit ein wichtiger Faktor, um auch wieder gesund zu werden oder einen Rückfall zu vermeiden, da man auch das Gefühl hat, nützlich zu sein und etwas bewirken zu können. Das soll nun natürlich keinen Druck machen und Betroffene sollen sich klarerweise die Zeit nehmen, die Sie brauchen, um wieder gesund zu werden. Eine zeitnahe Rückkehr ins Unternehmen bietet jedoch die Chance, sich über die Arbeit auch wieder zu stabilisieren und den Selbstwert aufzubauen.

 

Was ist nach dem Burnout? Wie geht es dann weiter?

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Bevor jemand, der ein Burnout erlitten hat, in den Job zurückkehrt, sollte man wissen, was man ändern will. Es stellen sich Fragen wie „Wie will ich leben? Wie will ich arbeiten?“ Hat man Antworten darauf gefunden, gilt es achtsam auf seinen Energiehaushalt zu schauen und Warnsignale des Körpers zu erkennen, zu respektieren und entsprechend zu handeln.

 

Beispiel1:

Wenn Sie merken, dass das Tempo steigt, der Druck zunimmt, es hektisch wird (Multitasking, Dauerblick aufs Handy, u.ä.), Ihre Laune schlechter wird und Sie ev. Kopfschmerzen oä bekommen, dann sind das Warnsignale.

Lösung: legen Sie bewusst feste Pausenzeiten und Auszeiten ein;

 

Beispiel 2:

Wenn Sie unter Doppelbelastungen leiden und früher „für alle da waren, aber das Gefühl hatten, selbst nicht mehr vorzukommen“, gilt es achtsam zu sein. Ein Warnsignal ist, wenn Sie sich erschöpft fühlen und das Gefühl bekommen, es wird alles zu viel (Arbeit, Familie, Partnerschaft, etc.).

Lösung: Dann gilt es Ihre persönlichen Kraftquellen zu kennen und zu nutzen. Warten Sie nicht, bis alle Verpflichtungen erledigt sind, um sich dann für sich Zeit zu nehmen!

 

Beispiel 3:

Wenn Sie zum Helfersyndrom neigen, achten Sie auf folgende Warnsignale: Gefühl von großer Unsicherheit, steigende Selbstzweifel, innere Unruhe, Angst, im Vergleich zu Kollegen nicht genug zu geben, ständiges Sorgen machen und Grübeln, etc.

Lösung: Halten Sie bewusst inne und spüren Sie in sich hinein. Machen Sie bewusst Atemübungen, um sich zu spüren. Fragen Sie sich dann: Was kann ich tun, damit es mir gut geht? Dann kommen Sie wieder zu einem für Sie stimmigen Arbeitspensum mit ausreichend Ausgleich.

 

Beispiel 4:

Wenn Sie unter Perfektionismus leiden, machen Sie sich bewusst, dass Sie wahrscheinlich alles, was Sie anpacken, noch immer sehr gut machen. Ein Warnsignal ist zB wenn Sie morgens schon aufwachen und sofort über Jobprobleme grübeln.

Lösung: Wägen Sie bewusst ab: Wie viel Perfektionismus ist in der Realität erforderlich? Reichen auch 80%? Wieviel Kraftaufwand benötigt es für die restlichen 20%? Steht das dafür? Fragen Sie sich immer: Was bringt und was kostet mich das?! Achten Sie auch auf Ihre persönlichen Träume. Ihre persönlichen Träume zu leben, kann eine enorme Kraftquelle darstellen.

 

Beispiel 5:

Wenn Sie erfolgsgetrieben sind, achten Sie darauf, dass das, was Sie tun, Ihren persönlichen Werten entspricht und für Sie sinnvoll ist. Warnsignale können sein: kein Ende bei der Arbeit finden, Abschalten fällt Ihnen schwer, andere Lebensbereiche rücken für Sie in den Hintergrund.

Lösung: Pflegen Sie bewusst Ihr Privatleben. Oft ist es so, dass zu viel Ruhe Sie wieder in Unruhe stürzen kann – daher macht es u.U. für Sie Sinn, Tätigkeiten zu finden, die Sie entspannen wie zB Kochen, Radfahren, Spazieren, etc.

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